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Boliviens Osten

Departamento Santa Cruz: Puerto Suarez – Aguas Calientes – Chochis – Santa Cruz (Ciudad) – Samaipata.


Durch das südliche Pantanal fahren wir am 25. April die letzten Kilometer durch Brasilien. Wir passieren den Rio Paraguay in Richtung Bolivien. In den Wassermengen treiben ganze Inseln von Pflanzen und Angler sind unterwegs, auf der Jagd Piranhas. Am Nachmittag erreichen wir Corumbá. Wie all die anderen Grenzgänger hätten wir die Grenzposten hier ohne Halt passieren können, ohne Stempel in unserem Pass und ohne Papiere für den Fox. Wir mussten also pro-aktiv die fünf verschiedenen Büros aufsuchen, um alle Formalitäten zu erledigen. Sogar einen „Passierschein“ der Bolivianischen Polizei haben wir uns ausstellen lassen, da wir Geschichten von anderen Reisenden hörten, die ohne dieses Stück Papier Probleme an einer der vielen Polizei-Kontrollen hatten. Wir wussten, dass dies womöglich Schikane war, aber haben lieber umgerechnet 6 Euro für den Zettel gezahlt, als dadurch später aufgehalten zu werden. Eine lokale SIM Karte konnten wir ebenfalls direkt an der Grenze kaufen und fuhren – gut drei Stunden später – hinein nach Bolivien.

Da es schon dunkel war, steuern wir den nächsten Ort an. In Puerto Suarez kaufen wir noch ein paar Lebensmittel ein und übernachten einen schönen Aussichtspunkt mit Blick auf den sehr grünen See. Bis spät in die Nacht hatten wir Gesellschaft von Menschen, die sich hier auf den Bänken oder in ihren Autos viel zu erzählen und zu lachen hatten 😉


Am nächsten Morgen besorgen wir Bargeld an einem Automaten und fahren los in Richtung Westen. Die Straße ist gut und wir passieren neben einigen Viehherden auch einige Zoll- und Polizeikontrollen sowie etliche Mautstellen ohne Probleme. Die Durchfahrtsgenehmigung will niemand sehen 😉 An den Mautstellen gibt es meist einige Geschäfte und fliegende Händler, die engagiert und freundlich saisonales Obst, Gemüse oder Snacks zum Essen anbieten.


Gegen Mittag erreichen wir Aguas Calientes, unser erstes Etappenziel in Bolivien. Der Name des winzigen Dorfes kommt nicht von ungefähr. Das glasklare Wasser des Flusses, der hier sehr breit und seicht entlangfließt ist fast 40°C warm. Die Stellen, an denen das warme Wasser nach oben sprudelt, heißen Hervores. Hier kann man sich hüfttief im Sand versinken und vom warmen sandigen Wasser massieren lassen. Nach einer knappen Stunde im „Agua Caliente“ sind wir gut durch-gegart. Auf dem Steg sitzend, lassen wir uns von winzigen Fischlein die Füße putzen, bis uns die Moskitos zu lästig werden – es dämmert. Im Fox ziehen wir die Insektengitter vor die Fenster und verbringen eine ruhige Nacht auf dem Camping El Tucan, direkt am Fluss. Jetzt in der Nebensaison sind wir die einzigen Gäste – dafür gibt es umso mehr Tucane, die über den Fluß und uns hinwegfliegen. Ein besonderer Ort 🙂


Am nächsten Tag fahren wir weiter auf der gut ausgebauten Straße bis nach Chochis. Dort steht hoch oben auf einem Hügel eine alte Klosteranlage. 1992 wurde sie nach 500 Jahren fast komplett restauriert – seitdem scheint die Zeit aber wieder stillzustehen. Über dem Kloster ragt ein riesiger roter Felsen in den Himmel, der „Zahn des Teufels“ genannt wird – wie auch immer das zusammen passt 😉 Wir laufen hinauf und haben von hier einen wunderschönen Ausblick auf das Tal und die umliegenden Felswände. Ein paar Wolken drapieren sich sehr schön davor und ein Falke beäugt uns gelassen von einem Ast. Ein schöner Zwischenstopp.


Unser nächstes Ziel ist eine Tankstelle. Bei den staatlichen YPFB Tankstellen kann man angeblich einigermaßen guten Diesel bekommen, was in Bolivien ansonsten nicht der Fall ist. Leider bekommen wir aber gar nichts. Egal welche Tankstelle wir anfahren, überall stehen LKWs Schlange vor den trockenen Zapfsäulen. Anscheinend gibt es im ganzen Land Probleme mit der Dieselversorgung. Zum Glück haben wir unseren Ersatzkanister noch in Brasilien vollgetankt und auf den Fahrradgepäckträger geschnallt. Damit kommen wir zur Not noch bis Santa Cruz – allerdings nicht mehr am gleichen Tag.

Mit Sonnenuntergang rollen wir auf einen Stellplatz an einer Tankstelle in Tres Cruces ca. 100 Kilometer vor Santa Cruz. Auch hier haben sich LKWs bereits zum Tanken bis weit auf die Straße aufgereiht. Kurz vor 20:00 Uhr ist aber auch hier der Diesel ist alle. Die Schlange erstarrt und es wird ausnahmsweise mal eine ruhige Nacht an einer Tankstelle.

Am nächsten Morgen verlassen wir die Tankstelle, fahren an den parkenden LKWs vorbei in Richtung Santa Cruz, einer der schnell-wachsendsten Städte Südamerikas. Circa zwei Millionen Menschen wohnen dort, also fast ein fünftel der bolivianischen Bevölkerung. Die Straßenführung ist für uns nicht immer logisch und so werden wir kurz nach einem vermeintlichen Kreisverkehr von einem Polizisten angehalten. Er sagt, wir seien unerlaubt links abgebogen und wir müssen Strafe zahlen. Wir hatten uns schon gewundert, warum alle anderen einen Kreuzung vorher nach links fuhren… 🙂

Einen guten Kilometer später fahren wir wieder bei einer YPFB Tankstelle vor. Wir fragen, ob wir dort Diesel bekommen können, denn unser Tank ist nun wirklich fast leer. Der Tankwart zeigt auf einen Tanklaster und sagt, er bekommt gerade eine 14.000 Liter Lieferung und da sollte auch für uns noch etwas übrigbleiben. So ist es auch – nach zwei Stunden Schlange stehen ist der Tank voll. Wir müssen für das Tanken eines Autos mit ausländischem Kennzeichens zwar mehr als den doppelten Preis bezahlen, aber das ist in Bolivien Gesetz und insbesondere bei YPFB schwer verhandelbar. Geht man allerdings mit einem Kanister zur Zapfsäule, wie viele Bolivianer es ebenfalls tun, kann man den lokalen Preis bekommen – Willkommen in der Grauzone 😉

Nach einem letzten Stopp beim Hipermaxi Supermarkt erreichen wir gegen Nachmittag das Gartentor von Laya und Walter, die vor 30 Jahren südlich von Santa Cruz ein Grundstück gekauft und hier ein neues Leben begonnen haben. Sie bieten Reisenden Unterkunft in ihrem wunderschönen Garten, den wir für ein paar Tage gerne in Anspruch nehmen.

Santa Cruz ist zwar das Wirtschaftszentrum Boliviens und von schöner Landschaft umgeben, aber bietet als Stadt nicht sehr viele touristische Highlights. Wir machen den obligatorischen Besuch am Plaza de Armas mit der Kathedrale und schlendern durch die ursprüngliche „Shopping Gegend“ – Siete Calles.


Wir kommen an einer Fotoausstellung von Carlos Sánchez Navas vorbei, die in eindrucksvollen Bildern einige der bedeutenden Momente Boliviens aus den letzten Jahren präsentiert. Ein paar haben mich besonders beeindruckt:

Foto: Carlos Sánchez Navas – Proteste der Coca Bauern


Coca-Bauern protestieren in der Yungay Region. Sie fordern die Schließung des Parallelmarktes. Coca ist ein wichtiger Bestandteil des Lebens in Bolivien. Die Blätter werden legal zum Kauen oder als Tee verkauft, aber es gibt eben auch viele illegale Geschäfte …

Foto: Carlos Sánchez Navas – Ein Mann steht im Müll

Abfällen aus der San-José Mine sammeln sich am Uru-Uru See nahe der Stadt Oruro auf dem Altiplano. Wir sehen an vielen Stellen im Land Plastikmüll in herumliegen, der “einfach nicht verrotten will”. Wir haben das Gefühl, die Menschen hier sind sich des Problems erst seit kurzem bewusst.

Foto: Carlos Sánchez Navas – Auseinandersetzungen in La Paz


Nach dem Bekanntwerden des Wahlbetruges von Evo Morales im Oktober 2019 gab es noch mehr Proteste und Blockaden als “normalerweise”. Die politische Situation im Land ist immer wieder ein Thema, das eher zu Missmut bei den sonst so fröhlichen Menschen sorgt.

Foto: Carlos Sánchez Navas – Cholitas beim Fußballspiel

Cholitas, indigene Frauen mit ihren langen Zöpfen, tragen die typischen viellagigen Röcke auch zum Fußballspielen auf am Gipfel des Huayani Potosí (5.890m). Ein Bild dass, in meinen Augen, vieles in sich Vereint: Tradition, Moderne, Energie & Lebensfreude der Menschen in Bolivien.

Am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, der auch in Bolivien gefeiert wird, verlassen wir Santa Cruz gut erholt aber im Regen in Richtung Samaipata. Der kleine Ort liegt auf ca. 1600 Metern, wunderschön zwischen den grünen, teils schroffen Hügeln, dem Übergangsbereich zwischen dem Tiefland im Osten und den Anden im Westen. Samaipata ist bekannt für das teils in den Felsen geschlagene Fort, das zum UNESCO Kulturerbe erklärt wurde. Uns zieht es aber eher wegen der einmaligen Natur hier her. Es gibt einen Wald von Riesenfarnen und einen beeindruckenden Wanderweg in den Bergen – den Codes des los Andes. Angeblich ist Che Guevara mit einer kleinen Gruppe von Mitstreitern hier entlang gelaufen, bevor er am 8. Oktober 1967 weiter im südlich – in der Nähe des Örtchens La Higuera – vom Militär gefasst und am folgenden Tag exekutiert wurde.

In Samaipata angekommen sind wir überrascht, wie schön das Dorf angelegt ist und wie viele kleine Restaurants und Bars es gibt. Wir parken den Fox bei einer Belgierin, Joaine, im Garten, die für uns extra noch die Einfahrt mit der Machete freischlagen lässt. Daniel hilft mit der Astscheere noch etwas nach. Zu Fuß laufen wir ins Dorf, trinken seit langem mal wieder einen G&T in einer netten Bar und schlendern danach weiter in eines der Restaurants am Plaza Principal. Auf der Terrasse wird es bald erstaunlich kühl und wir müssen seit langem mal wieder einen Pullover überwerfen. Eine willkommene Abwechslung nach dem tropischen Klima der letzten Wochen.


Über WhatsApp organisiere ich noch am Abend einen Guide für den Codes de Los Andes Track. Am nächsten Morgen um 09:00 Uhr wollen wir starten, doch leider bestätigt sich die Wettervorhersage und es regnet aus dicken grauen Wolken. Die Tour wird abgesagt, denn oben in den Bergen ist das Wetter noch instabiler und die Zufahrtsstraße schlecht passierbar. Auch für den nächsten Tag ist Regen angesagt und so fahren wir schweren Herzens weiter, ohne den Code de Los Andes Track erlebt zu haben.

Die grünen Hügel um Samaipata


Kurz hinter Samaipata verlassen wir das Departamento Santa Cruz und fahren weiter hinauf in die Berge und in Richtung Sucre – unserem nächsten Ziel.

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