Der Grenzübergang von Bolivien nach Peru dauert etwas länger, aber läuft problemlos. Die Zollbeamtin in Bolivien hat ihre Mittagspause gekürzt, um uns noch abzufertigen und die Grenzbeamten in Peru, haben unsere Dokumente sehr sorgfältig ausgestellt. Das bisschen Gemüse, das wir noch im Fox hatten, mussten wir natürlich abgeben, aber die Bananen durften wir noch “grenznah” verzehren 😉 Während Daniel bei den Grenzbeamten auf die Papiere für den Fox wartet, quatsche ich etwas mit Doris, die gleich nebenan einen kleinen Laden hat und Geld zu einem passablen Kurs wechselt. Ein netter Start in ein Land vor dem wir etwas Respekt haben. Vor einigen Monaten, gab es gerade in dieser Gegend, um Puno, noch heftige Demonstrationen, Blockaden und Tote, als die Menschen gegen die Regierung protestiert haben. Die nördliche Küste des Landes ist unter Reisenden verrufen, als vermüllt und kriminell.
Unser erstes Ziel in Peru ist eine schwimmende Insel im Titikaka-See. Kurz hinter Puno parken wir den Fox sicher hinter einem großen Metall-Tor und werden von Felix empfangen, der bereits mit seinem Boot auf uns wartet. Felix ist Fremdenführer und sein Familie bietet auf ihrer Insel sogenannte “homestays” an. Das heißt Touristen können hier übernachten und das Leben der Menschen kennenlernen.
Mit dem kleinen Boot fahren wir hinein in die Welt der schwimmenden Inseln. Auf Felix Insel angekommen beziehen wir eine von fünf kleinen Hütten, die überraschend komfortabel eingerichtet sind und dürfen erst einmal die Aussicht genießen …
Am Nachmittag führt uns Felix mit dem Boot durch die Uros, wie die schwimmenden Inseln genannt werden, und teilt sein unendliches Wissen über die Geschichte, die Kultur, die Natur und den Titikaka-See.
In der Quechua Sprache heißt “Titi” Puma und “Kaka” bedeutet grau oder Stein. Zusammengesetzt also Steingrauer Puma. Der Puma wird von den Menschen hier als stärkstes Tier verehrt und mit der Mutter-Erde (Pachamama) verbunden. Der Kondor, als größter Vogel steht für den Gott des Himmels und die Schlange repräsentiert das Wasser.
Erstaunlich ist, dass der See tatsächlich die Form eines Pumas hat, der einen Hasen jagt. Felix zeigt uns das auf einem Informations-Plakat im lokalen Museum. Ob oder woher die Menschen das vor 500 Jahren wussten ist ein Rätsel.
Der Teil, der aussieht wie der Hase befinden sich die schwimmenden Inseln oder auf Spanisch “Islas flotantes”. Sie werden Uros genannt, wie die Bevölkerungsgruppe, die auf den Inseln wohnen. Die Uros wohnten ursprünglich im Hochland in der Nähe des Tunupa Vulkans am Salar de Uyuni im heutigen Bolivien. Sie Uros sind im 12. Jahrhundert wegen anhaltender Dürre aus dem Hochland an den See geflohen. An den Ufern stießen die “Fremden” jedoch auf Feindseligkeit und wichen daher aufs Wasser aus, wo sie fast 300 Jahre auf aus Schilf gebundenen Booten lebten. Erst im 15. Jahrhundert zogen sie auf die aus Schilf gebauten Inseln um. Als Fischer und Vogel-Jäger tauschten sie ihre Beute an Land gegen Getreide und andere Lebensmittel.
Die Inseln schwimmen nicht wirklich im Titikaka-See, sondern entlang eines Flusses, der sich durch das Schilfland in den See windet und Schilf ist auch der Baustoff aus dem die Inseln gemacht werden. In der Regenzeit werden große Teile der Schilfwurzeln vom Boden gelöst. Die Schilfwurzeln enthalten Methangas, dadurch schwimmen sie wie “Lufmatratzen” an der Wasseroberfläche. Einige Teile der Schilfwurzeln werden miteinander verbunden und bilden die Basis für eine schwimmende Insel. Oben drauf werden abgeschnittene Schilfhalme geschichtet. Alle zwei Monate wird eine neue Schicht Schilf nachgelegt, da diese nach und nach verrotten.
Die kleinen Hütten, die auf den Inseln stehen, sind ebenfalls aus Schilf und Holz gebaut. Sie müssen hochgehoben werden, wenn alle zwei Monate eine neue Schicht Schilf nachgelegt wird.
Die Inseln werden mit langen Tauen an langen Pfosten angebunden, die tief im flachen Schilfland zwischen Fluss und See eingeschlagen werden. Wenn jemand umziehen möchte, muss er die Taue lösen und dann kann die Insel mit ein paar kleinen Motorbooten an einen anderen Ort gezogen werden. Mit einer langen Säge kann man die Inseln auch teilen, wenn zum Beispiel ein Kind alt genug ist, um mit einer eigenen Familie eine eigene Insel zu bewohnen.
Neben den Wohn-Inseln gibt es auch Inseln für Schulen, Kirchen, Restaurants, Läden sowie eine Tankstelle (für Boote). Das Fussballfeld und die Krankenstation sind auf dem “Festland” errichtet. Eigentlich ist dies der aufgehäufte Lehmboden, der immer wieder aus dem Kanal geschöpft wird, der zum “richtigen” Festland führt.
Nach dieser wirklich interessanten Tour, fallen wir erschöpft auf das “Daybed” auf dem Balkon unserer kleinen Hütte und Felix bringt uns zur Stärkung frisches Obst, Koka-Tee und Kaffee vorbei. So lässt es sich aushalten und wir bleiben einfach liegen, bis die Sonne wunderschön hinter den Hügeln am Ufer untergegangen ist. Nach dem Abendessen, bekommen wir noch mit heißem Wasser gefüllte Flaschen überreicht und kriechen damit unter die dicken Decken in der Hütte. Es ist kalt in der Nacht und die Feuchtigkeit des Sees kriecht durch jede Ritze.
Am nächsten Morgen dampft der See in der aufgehenden Sonne. Ein einmaliger Anblick, den ich trotz Kälte vom Balkon aus genieße. Zum Glück gibt es später wieder ausreichend heißen Tee und Kaffee, dazu einen Quinoa Pfannkuchen und Brot mit Avocado. Ein klassisches Frühstück der Menschen hier.
Da Felix an diesem Tag eine andere Reisegruppe auf dem Festland begleitet, fährt uns seine Frau nachdem sie ihren Sohn zur Schule gebracht hat, mit dem Boot zurück ans Ufer. Der Hund passt derweil auf die Insel auf. Ein schönes Erlebnis!