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Gletscher und Marmorfelsen

Am 9. November brechen wir relativ früh vom Rio Trathuanca auf, um wieder Internetempfang zu bekommen und die nächste Etappe zu planen. Vor uns liegen viele Optionen entlang des südlichen Teils des riesigen Lago General Carrera, wie er in Chile genannt wird. Die Argentinier nennen ihn Lago Buenos Aires, denn durch den See verläuft die Grenze zwischen den beiden Ländern. In jedem Fall ist er mit 1.850 qkm einer der größten Seen Südamerikas und hat ein sonniges Mikroklima, was wir bestätigen können.

Die Täler Richtung Pazifik sind dagegen meist von Wolken verhangen und führen zum Nationalpark Laguna San Rafael, dessen Landschaft von Lagunen, Kanälen und viel Eis geprägt ist. Genauer gesagt umfasst der Nationalpark das Campo de Hielo Norte, eine Eiskappe, die ca 4.000 qkm groß ist und von der u.a. der San Rafael Gletscher in die gleichnamige Lagune mündet.

Gletscher San Rafael mündet in die San Rafael Lagune


Entlang der westlichen Seite Sees gibt es einige Stellen an denen Marmorfelsen aus dem Wasser ragen, die man mit Booten oder Kajaks erkunden kann. Wir wollen das gerne machen, aber haben noch nicht entschieden, ob wir dazu in den kleinen abgelegenen Ort Puerto Sanchez oder in das ziemlich touristische Puerto Rio Tranquilo fahren sollten.

Marmorfelsen im Lago General Carrera (von l.n.r.: Kapelle, Kathedrale, Tunnel)


Wir recherchieren gerade an der Straßenkreuzung zwischen den beiden Orten (an der wir auch wieder Internet-Empfang haben), als Jan und Anne Marie (das belgische Paar, das wir am Rio Simpson getroffen haben), neben uns anhalten. Sie haben für den nächsten Tag eine Bootstour zum San Rafael Gletscher reserviert und sind auf dem Weg nach Puerto Rio Tranquilo, um die Buchung zu fixieren. Damit war auch unsere Entscheidung gefallen. Wir sind ihnen gefolgt, wissentlich, dass die Vorsaison in Puerto Rio Tranquilo anscheinend schon begonnen hat und wir nicht – wie so oft – vor verschlossenen Türen stehen werden.

Das war eine gute Fügung, denn was wir in den nächsten Tagen erleben, werden wohl ein paar Highlights auf unserer Südamerika-Reise sein.

Laguna San Rafael

Zusammen mit Jan und Anne Marie, sowie 10 weiteren Reisenden aus England, Israel, Chile und Deutschland fahren wir am 10. November früh Morgens zum San Rafael Gletscher. Er ist 45 km lang, 2,5 km breit und hat teilweise über 70 Meter hohe Wände. Er zählt zu den am schnellsten fließenden Eisströmen der Erde von dem statistisch gesehen alle 20 Minuten Eis in die Lagune abbricht.

Die Anfahrt (per Minibus) zum Bootsanleger buchen wir nicht über den Tour-Anbieter (99% Aventura). Wir wollen die 90 Kilometer durch das Valle Exploradores selber fahren. Es wird eine lange Fahrt gesäumt von vielen Bergen, Wasserfällen, Seen und … natürlich Gletschern … ich wiederhole mich, ich weiß 🙂 Aber wir haben uns noch nicht satt gesehen.


Am Abend erreichen wir eine kleine Brücke an der der Rio Exploradores und der Rio San Juan zusammenfließen. Ein schöner Anblick, aber wir kommen hier mit dem Fox wir nicht mehr weiter, da die Durchfahrtshöhe auf 2,5 Meter beschränkt und auch „beschrankt“ ist.

Angler auf dem Rio Exploradores / Rio San Juan


Morgens gegen 08:30 Uhr werden wir an der Brücke von dem Minibus des Tour-Anbieters eingesammelt. Sitzplätze gibt es keine mehr, aber für die letzten 10 Kilometer finde ich neben Anne Marie auf dem Radkasten ausreichend „Platz“. Daniel darf vorne zwischen den beiden Tour-Guides, Matias und Cristian, sitzen. Ansonsten ist die Tour aber bestens (und auch sicher) organisiert.

Die Bootsfahrt vom Fluss ins Delta und weiter in die Lagune ist bereits sehr schön. Christian, der Kapitän umschifft routiniert mit 50km/h die in der Lagune schwimmenden Eisberge und nach 1,5 Stunden erreichen wir den San Rafael Gletscher. Wir fahren ziemlich nah heran, halten jedoch ausreichend Abstand, da herabfallende Eisblöcke angeblich starke Wellen auslösen können.

Eisberge in der Lagune


Dann schaltet Cristian den Motor aus und wir hören nur noch das Knacken und Blubbern vom Eis, das um uns im Wasser schwimmt. Vor uns liegt der wirklich sehr groß wirkende, blau schimmernde Gletscher, dessen Dimensionen schwer zu erfassen sind. Wir werden alle für einen Moment ganz still und staunen vor uns hin.


Wir treiben eine Weile einfach so auf dem Wasser vor uns hin und Matias erzählt uns ein paar Hintergründe und Fakten zum Gletscher, der Lagune und dem „Campo de Hielo Norte“. Dann fischt er etwas Gletschereis aus dem Wasser und serviert es uns zusammen mit einer Flasche Whisky. Wir sagen nicht nein und die Stimmung an Deck steigt trotz Kälte bald an. Als Höhepunkt bricht, mit einem großen Knall, vor uns noch ein ziemlich großes Stück Eis ins Wasser. Der Gletscher “kalbt” und wir können bezeugen, dass dies ziemlich große Wellen erzeugt.

Welle nach Abbruch eines Eisfelsens


Unser kleines Boot kommt ziemlich ins Schwanken, und das liegt nicht am Alkohol. Unter Deck wird derweil ein Eintopf für uns heiß gemacht und uns dampfend serviert. Genau das Richtige nach so viel Eis und Whisky.

Mittagessen


Gegen 14:30 Uhr sind wir wieder am Bootsanleger und kurze Zeit später rollen wir mit dem Fox wieder hinaus aus dem Valle Exploradores. Zumindest fast. Wir haben unterwegs noch einen kleinen Trail durch den Wald erkundet und es somit nicht mehr ganz zurück nach Puerto Rio Tranquilo geschafft. Die Nacht verbringen wir am Mirador oberhalb eines kleinen Sees – auch sehr schön.

Marmorfelsen

Am nächsten Vormittag treffen wir südlich von Puerto Rio Tranquilo zufällig wieder auf Matias, der gerade von einer Kajaktour zu den Marmorfelsen zurückkommt. Wir fahren zurück in den Ort und buchen gleich die Nachmittagstour mit ihm als Guide.

Es ist ein toller Ausflug. Zusammen mit einem jungen französischen Paar paddeln wir auf den windstillen See, der unglaublich türkis-blau erscheint. Die Marmorfelsen werden – gemäß ihrer Formen – Kapelle, Kathedrale und Tunnel genannt. Ein wirklich beeindruckender Anblick, auch wenn wir keine optimalen Lichtverhältnisse hatten. Bei Sonnenschein am Morgen, leuchten die Felsen durch die Reflektion des Wassers sehr blau. Aber uns hat der Anblick auch bei wolkigem Himmel am Abend sehr gut gefallen. Matias hat uns auch hier wieder bestens betreut. Er hat uns gut in die Kajaks eingewiesen, auf dem Wasser die wichtigsten Informationen zum See und den Marmorfelsen erzählt, und uns dann in aller Ruhe die Felsen erkunden lassen. Wirklich ein tolles Erlebnis.


Puerto Rio Tranquilo machte seinem Namen, entgegen unserer Befürchtungen, alle Ehre. Der Ort hat nur ca. 500 Einwohner und ist zur Hauptsaison wohl von genauso vielen Touristen bewohnt, aber aktuell war noch alles sehr geruhsam. Die Abendstimmung am Strand, an dem wir die letzte Nacht verbrachten, war sehr “tranquilo”. Als dann noch ein doppelter Regenbogen über dem See auftauchte, war auch dieser Tag mehr als perfekt 🙂

2 thoughts on “Gletscher und Marmorfelsen”

  1. Hallo ihr Beiden,

    super Bilder und Eindrücke, da bekommt man Lust, auch sofort aufzubrechen. Ich wünsche euch weiterhin eine wunderschöne Reise! Und vielen Dank fürs Teilhaben lassen!

    Beste Grüße Stephanie

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