Am 12.11. verlassen wir Puerto Rio Tranquilo. Wir haben den Fox mit Diesel und Wasser vollgetankt und selbst noch in einem der kleinen Restaurants einen leckeren (vegetarischen) Burger gegessen. In den kommenden Tagen werden wir uns wieder vorwiegend selbst versorgen.
Entlang des Lago General Carrera fahren wir auf der Ruta 7 (Carretera Austral) weiter Richtung Süden. Am südwestlichen Ende speist der riesige See zuerst den kleineren Lago Bertrand und dieser geht wiederum in den Rio Baker über.
Der Rio Baker fließt (mit einem durchschnittlichen Durchfluss von ca. 900m3/s) vom Lago Bertrand über 170 km bis zum kleinen Ort Tortel wo er in den Golf von Penas (Pazifik) mündet. Er wird uns in den nächsten Tagen auf unserer Reise begleiten und immer wieder in Staunen versetzen.
Etwa 30 Kilometer nachdem er aus dem Lago Bertrand „entspringt“, gibt es eine felsige Stromschnelle, an der er mit dem Rio Nef zusammenfließt. Als wir den Aussichtspunkt erreichen, kommt die Sonne hinter den Wolken hervor und das Wasser des großen Flusses wirkt noch blauer. Wieder mal ziehen drei Kondore ihre Kreise über uns. Mit ihnen zusammen sind wir zu fünft an diesem wunderschönen Platz 🙂
Ab hier fahren wir durch die „typisch“ Patagonische Landschaft: Berge mit und ohne Schnee, karge Hügel, grüne Täler und immer wieder taucht das Blau des Rio Baker dazwischen auf. In Cochrane rasten wir für zwei Tage und besuchen den südlichen Teil des Patagonia National Parks. Dazu aber mehr im nächsten Blog Bericht. Cochrane ist ein kleines Städtchen mit ein paar Geschäften, Restaurants und Unterkünften für die Durchreisenden und die Touristen, die es zum Wandern, Mountainbiken oder Whitewater-Rafting hierherzieht. Noch ist alles sehr ruhig, aber wir sehen kaum noch „cerrado“ Schilder.
Am 15.11. fahren wir zum dem für uns südlichsten Punkt auf der Carretera Austral, zum Rio Nadis. Auch er mündet, natürlich, in den Rio Baker. Und genau an dieser Stelle hat vor mehr als 20 Jahren die deutsche Auswanderin, Lili, mit ihrem chilenischen Mann eine Farm aufgebaut. Ein wunderschönes Fleckchen Erde. Etwas abseits ihres Hauses haben die beiden einen kleinen Campingplatz und ein Refugio (Unterkunft) für Gäste errichtet. In einer kleinen Küche steht ein Holzofen, auf dem man kochen und Wasser für die Kübeldusche erhitzen kann. Zwei Kanadierinnen, die mit dem Fahrrad unterwegs sind, haben es sich dort bereits gemütlich gemacht als wir ankommen. Lilli kommt dazu und wir unterhalten uns im Deutsch, Englisch, Französisch Mix. Wir finden heraus, dass Lili und ich eventuell sogar um viele Ecken verwandt sein könnten. Die Recherche läuft noch 🙂
Am nächsten Tag breche ich früh Morgens auf zu einer Wanderung entlang des Rio Baker zum Corte San Carlos, einem um 1900 in den Berg gehauenen Tunnel. Auf dem schmalen Pfad wurden damals Waren und Vieh von Tortel aus in den Norden transportiert.
Kurz nach Sonnenaufgang ist um mich herum noch alles mit Raureif bedeckt, aber der blaue Himmel verspricht einen schönen Tag. In drei Lagen verpackt, erreiche ich nach gut zwei Stunden den Salto Rio Baker. Hier zwängt sich der Fluss durch die schmalste Stelle auf seiner Reise zum Pazifik. Ich mache Rast und genieße die Aussicht. Eine knappe Stunde später passiere ich den Corte San Carlos. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Menschen diesen (Halb-) Tunnel mit eigener Kraft in den Fels geschlagen haben. Ich lege noch einmal eine Rast ein und genieße diesen einmaligen Ort, bevor ich mich wieder auf den Rückweg mache. Die Sonne ist inzwischen über die Berge gestiegen und ich kann direkt zwei meiner Lagen in den Rucksack packen. Im T-Shirt und mit Sonnenbrille geht es 11 Kilometer zurück zum Refugio. Unterwegs treffe ich einen Gaucho und einen Waldarbeiter, die einzigen Menschen, die mir auf dieser Wanderung begegnen. Im Refugio hat Daniel, dessen Knie mal wieder „zickt“, schon heißes Wasser zum Duschen auf dem Holzofen bereitet 🙂 Wir kochen ein Mittagessen auf dem Holzofen und überlegen, ob wir ein paar Tage bleiben sollten. Aber das Wetter soll gut bleiben – perfekt für einen Besuch im Patagonia Nationalpark bzw. das Valle Chacabuco. Schweren Herzens verlassen wir die Farm von Lilli. Wir fahren über eine winzige Hängebrücke, die mich beim Überfahren vor Angst erstarren lässt, zurück auf die Ruta 7.
Dieses mal biegen wir aber wieder in Richtung Norden ab – zurück nach Cochrane. Die letzten 200 Kilometer der Carretera Austral bis nach O’Higgins werden wir nicht mehr fahren. Von dort gibt es für uns (mit dem Fox) zu dieser Jahreszeit keine Passage nach Argentinien, wo wir unsere Reise fortsetzen wollen.