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Lago Argentino

  • 4perture 

Über den Paso Raballos fahren wir am 18. November aus Chile zurück nach Argentinien. Man könnte meinen, der Wind hat an der Grenze auf uns gewartet. Wir wissen, dass Wind und Patagonien einfach zusammengehören, aber irgendwie scheint er in Argentinien stärker zu sein. Nach unserem Übernachtungs-Stopp am blauen Lago Ghio, fahren wir die vermeintlich letzten Kilometer auf unbefestigter Piste. Die Landschaft ist karg und sehr weit…


Nördlich von Baja Caracoles treffen wir wieder auf die Ruta 40 und freuen uns darüber, wie der Fox auf dem Asphalt ganz ruhig vor sich hin rollt. Keine Staubwolke mehr um uns herum oder quitschende Steine in den Bremsen. An diesem Tag schaffen wir es noch bis nach Gobernor Gregores, einem netten Städtchen mit einer Tankstelle, ein paar Restaurants und einem kleinen Campingplatz, auf dem wir einen windgeschützten Stellplatz finden. Einen Luxus, den wir in den kommenden Tagen nicht immer haben werden.


Die Fahrt geht weiter in den Süden – grob in Richtung Ushuaia. Davor liegen aber noch einige Orte, die wir besuchen wollen. Nach einem Blick auf die Wettervorhersage entscheiden wir El Chaltén und das Fitz Roy Bergmassiv erst einmal „rechts“ liegen zu lassen und nach El Calafate bzw. zum Perito Moreno Gletscher zu fahren. Die Ruta 40 überrascht uns auf dieser Fahrt noch einmal mit einem Stück recht übler Schotterpiste und einer lebhaften Fauna entlang bzw. auf der Straße. Guanakos, Hasen und Gürteltiere kreuzen unseren Weg.


Im kleinen Örtchen Tres Lagos machen wir Pause. In einer Bäckerei kaufen wir Medialunas (kleine Croissants) und hören, dass ganz in der Nähe eine Veranstaltung sein muss. Ein „Moderator“ kommentiert lautstark und sehr emotional das Geschehen. Wir müssen nicht lange suchen, bis wir auf der anderen Seite eines kleinen Flusses die letzten Runden eines Gaucho Rodeos (Jineteada Gaucha) beobachten können. Es sieht dramatisch aus, wie die Gauchos versuchen, sich für die vorgegebenen Zeit auf den buckelnden Pferden zu halten. Sobald die erlösende Glocke erklingt, „sichern“ die Begleiter den Gaucho und fangen sein Pferd wieder ein. Neben dem Schauplatz steigt Qualm empor. Da wird sicherlich ein Lamm über offenem Feuer gegrillt 🙂


Wir fahren weiter durch die patagonische Steppe, getrieben vom Wind, als vor uns plötzlich wieder Berge am Horizont erscheinen. Der Fitz Roy erhebt sich mit seinen Zacken von Weitem erkennbar hervor. Am Lago Viedma machen wir kurz Pause uns bestaunen den Anblick. Hier gesellen sich zwei neugierige Füchse zu uns und dem Fox. Ein paar weitere Reisende machen Halt und genießen die Aussicht an diesem klaren, sonnigen Tag.


Gegen Abend erreichen wir El Calafate und finden einen Stellplatz für die Nacht direkt am Lago Argentino. Ganz still liegt er vor uns und die Schwäne, die hier schwarze Hälse und Köpfe haben, ziehen ihren Bahnen. Kaum vorzustellen, dass der Wind hier ein paar Tage später Schaumkronen über das Wasser jagt und die Vögel sich dagegen ankämpfen müssen.


El Calafate ist ein Sammelpunkt für unzählige Besucher aus aller Welt, die die umliegenden Gletscher des Los Glacieres Nationalparks und insbesondere den Perito-Moreno-Gletscher besuchen wollen. Er ist mit ca. 250km2 der größte in den südamerikanischen Anden und zieht sich angeblich nicht zurück. Seinen Namen hat er von einem argentinischen Geografen erhalten, der sich insbesondere Patagonien widmete und ist heute eine der größten Touristenattraktionen des Landes.

Wir sind froh, El Calafate noch in der Vorsaison besuchen zu können. Die kleinen Geschäfte und vielen Restaurants sind schon gut besucht, aber noch nicht überfüllt. Das einfache Gaucho-Leben gehört hier definitiv der Vergangenheit an. Einige Parilla Restaurants haben inzwischen regelrechte „Show-Rooms“ eingerichtet, in denen sie das traditionelle Lamm über offenen Feuer rösten. Und eine Deutsche Bäckerei gibt es natürlich auch 🙂

Cordero al palo “im Schaufenster” in El Calafate

Wir fahren zum Perito-Moreno-Gletscher sobald der Nationalpark um 08:00 Uhr seine Pforten öffnet. Wir haben Glück und erwischen einen sonnigen und einigermaßen windstillen Tag für unseren Besuch. Früh am Morgen sind noch kaum andere Touristen vor Ort und wir können den Ausblick auf das Eis von den schön angelegten Besucherterrassen genießen. Die Terrassen sind mit einem weitläufigen Netz von Holzstegen verbunden und ermöglichen, den Gletscher aus verschiedenen Perspektiven zu sehen, ohne ihm allzu nahe zu kommen. Wir verbringen einige Stunden damit, auf den Gletscher zu schauen, trinken Kaffee und sehen ab und zu wie Eisbrocken nach einem lauten Knall ins Wasser fallen. Gegen Mittag wird es voller und wir treten den Rückzug an.

Perito-Moreno-Gletscher

Die schiere Größe dieses Gletschers und das Panorama in dem er in den Lago Argentino mündet sind wirklich beeindruckend. Ich kann nachvollziehen, dass man hier in Ruhe viele weitere Stunden verbringen und dem Gletscher beim Kalben zusehen könnte – wie Du, Papa, als Du vor fast 50 Jahren hier warst :).

Das Holzgeländer vor, und die (relativ) vielen Menschen um uns herum, bilden allerdings eine gewisse Barriere, die uns von dem Gletscher trennt. Aber dies ist wohl ein notwendiger und vielleicht auch guter Kompromiss für die Besucher und den Gletscher. Wir hatten eine sehr intensive Erfahrung mit dem Eis bereits am San Rafael Gletscher in Chile und sind nun froh, beide Perspektiven zu kennen. Wir möchten keine der beiden Erfahrungen missen.

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