Nach unserem kurzen Abstecher auf den Camino de la muerte (die Todesstraße) fahren wir zurück über die 4.800 Meter hohen Berge in die grobe Richtung Titikaka See. Die Straße ab der Laguna Estrellani scheint ein nicht beendetes Bauprojekt zu sein. Die Zufahrten wurden mit Sand und Geröll versperrt, aber etliche Autos haben ihre Pfade drum herum gebahnt, wie Wasser, dass sich irgendwie einen Weg ins Tal sucht. Zwischendurch stoßen wir wieder auf solche Umfahrungen, die jedoch auch von Überlandbussen irgendwie gemeistert werden.
Die Bauprojekt-Straße führt uns direkt hinein nach Alto – das uns mit (leider) viel Müll und Verkehr empfängt. Wir brauchen fast 1,5 Stunden, um uns hier durchzukämpfen. Hinter Alto biegen wir dann noch einmal von der Route ab. Wir fahren nach Tuni, einem kleinen Ort auf 4.400m am Rande des Condoriri-Gebirges nord-westlich von La Paz.
Amelie und Sebastian, die wir auf dem Las Lomas Camping getroffen haben, hatten uns einen Besuch in Tuni empfohlen und auch Marcos hat davon geschwärmt. Zu Recht. Die Landschaft hier ist unglaublich schön. Wir parken unseren Fox vor der Herberge von Andres, der Wanderer beherbergt und auch Touren anbietet. Wir sitzen abends mit einer bunt gemixten Gruppe von Franzosen, Schweden und Amerikanern am großen Tisch und stillen unseren Hunger bei einem sehr leckeren Abendessen.
Noch am Nachmittag waren wir ein Stück eines Bergkamms entlang gelaufen, bis wir auf 4.700m mit den Füßen im Schnee standen. Diese schneebedeckten Berge waren es, die wir vor über einer Woche bei der Anfahrt auf La Paz über der Stadt zu schweben schienen. Unglaublich.
Von dem Bergkamm aus haben wir eine fantastische Aussicht auf die unter uns liegende Lagune und die umliegenden Berge, die bis zu 6.000 Meter hoch sind und von denen man einige auch ohne größere Klettereien besteigen kann. Der Pico Austria (5.350m) ist einer davon, der mich gereizt hätte, aber uns geht auf 4.700 m bereits die Luft aus und am nächsten Morgen haben wir leichte Kopfschmerzen. Ein paar Tage mehr Akklimatisierung sind für solche Bergtouren wohl notwendig 😉 Leider haben wir nicht mehr Zeit, denn (dummerweise) hatten wir in La Paz bereits Tickets für Machu Picchu gebucht. Dazu aber später mehr.
Wir bekämpfen die Kopfschmerzen mit einer starken Tasse Kaffee und laufen am Morgen noch ein Stück zu zwei weiteren Lagunen. Von hier haben wir noch einmal eine wunderschöner Aussicht. Wir treffen zwei der Wanderer, mit denen wir am Abend beim Essen zusammensaßen. Sie hatten bereits zum Sonnenaufgang einen Berg bestiegen und sehnten sich nun ebenfalls nach einem heißen Kaffee … Das Tal steht voller Lamas und Alpakas und eine kleine Herde von Kühen kreuzt unseren Weg. Die Vorfahrtsregeln sind auf dem schmalen Pfad nicht ganz klar, aber wir arrangieren uns 🙂
Mit jedem Höhenmeter, den wir später aus den Bergen hinabrollen werden die Kopfschmerzen weniger. Mit dem “frei” werdenden Kopf fällt mir hier einmal mehr auf, dass es in Bolivien kaum Zäune gibt. Ein wesentlicher Unterschied zu Argentinien und Chile, wo jeder Meter des Landes von Millionen Kilometern von Zaun versiegelt ist. Oftmals zum Schutz der Tiere oder um Wildunfälle zu vermeiden, so wurde uns gesagt. Bis auf die Region im Pantanal, haben wir in Bolivien keine intensivere Tierzucht gesehen, die Zäune notwendig gemacht hätte. Lamas und Alpakas werden wie Ziegen und Schafe gehütet, und die kleinen Herden von Kühen und Schweinen, laufen meist frei herum, oder werden angepflockt.
Auch auf dem Weg zum Titikaka See, fahren wir am Nachmittag vorbei an einigen freilaufenden Kühen, Schweinen und auch an den kleinen Getreidefeldern, auf denen die Garben bereits zum Trocknen gebunden sind. Wir empfinden Bolivien als ein sicheres, sehr freundliches Land – umso schöner ohne Zäune.