Am 8. Mai rollen wir von Pulacayo kommend hinab in das Becken des Salar de Uyuni. Eigentlich hatten wir dieses Reiseziel zwischenzeitlich von unserer Route gestrichen, da wir dachten mit dem Salar de Atacama, dem Salar Grande und der Lagunen-Tour im März hätten wir bereits genug Salz und Altiplano gesehen. Zum Glück haben wir unsere Meinung nach vielen Gesprächen mit anderen Reisenden geändert. Alle waren sehr begeistert von ihrem Besuch hier und unserer Erwartung ist dementsprechend hoch.
Mit über 10.000km2 bildet der Salar de Uyuni die größte Salzfläche der Erde. Schon von weitem können wir ihn erblicken. Am seinem “Ufer” liegt die kleine Stadt Uyuni. Neben der Salzgewinnung vom Salar lebt sie heute zu einem großen Teil vom Tourismus, denn es zieht viele Menschen an diesen einmaligen Ort.
Die Regierung Boliviens hat Anfang der 2000er damit begonnen, auch Lithium aus dem Salar zu gewinnen. Investoren kommen aus China und Deutschland. Der notwendige Verdunstungsprozess wird hier allerdings in den regnerischen Monaten (Dezember bis März) erschwert. So hat der Lithiumabbau am Salar de Uyuni noch nicht so einen großen Umfang wie beispielsweise am Salar de Atacama (in Chile), an dem es so gut wie nie regnet und wo seit vielen Jahrzehnten investiert wird. Hoffentlich gelingt es, den Salar de Uyuni trotz dieser Aktivitäten zu schützen.
In Uyuni angekommen, füllen wir zunächst am Ortsrand Diesel und Gas nach. Die lokale YPFB Tankstelle bietet beides günstig an. Danach füllen wir unsere Mägen im netten “Llama Café”. Hier bekommen wir nicht nur ein leckeres vegetarisches Gericht und einen guten Kaffee, sondern auch jede Menge Geschichten über Lamas zu hören. Die beiden jungen Betreiber des Cafés sind nämlich große Fans dieser Tiere, die so eng mit dem Leben der Menschen auf dem Altiplano verbunden sind. Lamas liefern nicht nur Wolle und Fleisch, sie waren auch ein wichtiges Transportmittel um Waren zwischen den Städten zu transportieren. Sie haben angeblich einen exzellenten Orientierungssinn, was wir nur bestätigen können, denn unser kleines Lama hat uns – seitdem es mit uns reist – auch immer an schöne Ziele gebracht. Wir nehmen es mit ins Café, in dem es gute Gesellschaft findet 🙂
Ansonsten gibt es nicht sehr viel zu entdecken in dem kleinen Ort und wir fahren zum Hotel “Nido de los Flamencos” wo wir für die nächsten zwei Tage, zusammen mit weiteren Overlandern, in der Einfahrt übernachten dürfen. Eine heiße Dusche und Frühstück gibt es ebenfalls, was wir liebend gerne nutzen. Die Nächte sind sehr kalt hier am Salar.
Für den 9. Mai haben wir eine Tour auf den Salar bei Atacama Misitica Travel gebucht – eine Empfehlung einer reisenden Familie aus Berlin. Wir könnten theoretisch auch mit dem Fox auf den Salar fahren, aber wir wollen ihm das aggressive Salz ersparen. Insbesondere bei Fahrten auf den noch gefluteten Teil kann das zu Schäden am Fahrzeug führen. Vor der Tour muss Daniel aber noch schnell zum Zahnarzt. Die Hotelbesitzerin Ana hat das am Vorabend noch organisiert und wir werden sogar von ihrem Mann in die Stadt und zurück chauffiert. Tolle Menschen 🙂 Die Diagnose des Zahnarztes ist weniger gut: eine Zahnwurzelbehandlung sein notwendig 🙁 Daniel könne aber noch ein paar Tage warten bis wir in La Paz sind, wenn er ein Antibiotikum und Entzündungshemmer nimmt. Das klingt nach einer guten Lösung, denn Schmerzen hat er aktuell nicht wirklich und in La Paz, so vermuten wir, gibt es etwas moderner ausgestattete Praxen.
Pünktlich um 10:00 Uhr werden wir später von Oswaldo unserem Guide und Fabio dem Fahrer am Hotel empfangen und brausen mit einem sehr bequemen Toyota los in Richtung Salar. Es wird eine unbeschreiblich schöner Tag, den ich hier in Worten und Fotos nicht wiedergeben kann. Es war eines der beeindruckendsten Naturerlebnisse, die ich bisher hatte. Die super organisierte Tour und die unglaublich sympathischen Begleiter, Oswaldo und Fabio, haben den Tag perfekt gemacht.
Der erste Routine-Stopp der Tour ist am Zugfriedhof von Uyuni. Hier wurden ausrangierte Züge der nicht mehr genutzten Bahnstrecke nach Chile abgestellt. Heute wird der Transport von LKWs über die gut ausgebauten Straßen erledigt. Das geht schneller und ist weniger aufwändig, als in der Höhe und über die vielen Berge mit der Bahn zu fahren.
Nach ein paar obligatorischen Fotos fahren wir schnell weiter zum Eingang des Salars. Auch hier erklärt uns Oswaldo sehr effizient, wie das Salz des Salars verarbeitet wird und nötigt uns nicht, noch in einem der vielen Souvenirstände etwas zu kaufen 😉 So erreichen wir nach gut einer Stunde den riesigen Salzsee der so weit in die Ferne reicht, dass man die Erdkrümmung erahnen kann.
Über den Tag hinweg machen wir an verschiedenen Stellen einen Halt um die einmalige Landschaft zu genießen und etwas zu lernen:
Wir sehen, wie das unter der Salzschicht fließende Wasser an einigen Stellen nach oben strömt und regelrecht blubbert. Wir machen eine Stipp-Visite im Salzhotel, das auf dem Salar gebaut wurde, aber irgendwie fehl am Platze wirkt. Wir betrachten wie sich im Wasser der Ojos (“Augen”) in der Salzkruste kleine Salzkristalle formen. Und natürlich machen wir einige obligatorische Fun-Foto-Stops, die die Weite der Salzebene nutzt um optische Täuschungen zu erzeugen.
Gegen Mittag fahren wir zu einer Insel in Mitten des Salars auf der riesige Kakteen stehen. Knapp eine Stunde laufen wir mit Oswaldo über die Pfade und lernen zum Beispiel, dass die jungen Kakteen die längsten Stachel haben, damit sie sich besser gegen die Feinde wehren können 🙂 Nach der kleinen Wanderung essen wir gemeinsam am Fuße der Insel auf dem Salar. Und ständig müssen Daniel und ich uns wieder klarmachen, dass wir nicht im Schnee sitzen, auch wenn unser Hirn uns dies ständig suggerieren will – es kennt eben nichts anderes, das so aussieht 😉
Auf dem Rückweg von der Insel halten wir an einer Stelle, an der man das faszinierende Muster auf dem Salar besonders schön bewundern kann. Wie kommen die Sechsecke ins Salz? Es gab viele Theorien, von chemischen Strukturen, oder Kappilar-Kräften, die das Wasser nach oben ziehen. Anfang diesen Jahres hat ein Team um Jana Lasser, die an der TU Graz und am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation forscht, anscheinend eine in der Physik begründete Antwort gefunden haben, die hier gerne nachgelesen werden kann >> Link.
Langsam wird es Abend und für uns Zeit, auf den Teil des Salars zu fahren, der noch mit einer leichten Wasserschicht bedeckt ist. Während der Regenzeit steht auf dem gesamten Salar Wasser, das erst mit Einsetzen der trockenen Monate von April bis November wieder verdampft. Oswaldo und Fabio teilen für alle Gummistiefel aus und fahren dann ein paar Schlenker, bis sie eine „perfekte“ Stelle für uns (zwischen den anderen Autos) ausmachen. Tisch und Stühle werden wieder aus dem Auto geräumt und alles für den Sonnenuntergang vorbereitet: eine Flasche Rotwein mit vier Gläsern und leckere Snacks dazu. So stehen wir in unseren Gummistiefeln und mit einem Gläschen Vino im Wasser und werden mit jeder Minute in größeres Staunen versetzt. Oswaldo sagte noch wir sollen nicht weinen, wenn es ein besonders schöner Sonnenuntergang wird. Aber es wurde ein besonders schöner Sonnenuntergang und ich war wirklich nah dran ein paar Tränen kullern zu lassen. So ein surreales Schauspiel aus Licht, Reflexionen, Farben und Formen habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen.
Dieser Tag ist ohne Zweifel einer der schönsten auf unserer bisherigen Reise gewesen. Wie froh wir sind, dass wir diesen wunderbaren Ort nicht von der Route gestrichen haben und eine Tour mit so tollen Menschen machen konnten. Der größte Dank gilt aber wohl “Pachamama” (Mutter-Erde), die für die Menschen auf dem Altiplano noch immer eine wichtige spirituelle Rolle spielt und die an diesem Ort wahrlich etwas ganz besonderes geschaffen hat.