Nach einem langen Fahrtag von Chicama dämmert es bereits als wir vom Panamericana Highway nach Lobitos abbiegen. Wir hatten gelesen, man soll Google Maps folgen, um zu dem Surf Camp zu gelangen, bei dem wir ein – zwei Nächte bleiben wollten.
Die Schotterstraße führt uns durch ein Gas-Feld, Pipelines liegen rechts und links der Straße. An einem Pförtnerhäuschen vergewissern wir uns noch einmal, dass wir auch auf der richtigen Straße sind. Der Wachposten bestätigt dies und bald darauf entdecken wir auch Straßenschilder, die den Weg nach Lobitos anzeigen.
Leider geben unsere Navigations-Apps irgendwann vor, rechts abzubiegen und wir verlassen die beschilderte Straße…. und bleiben fast im sandigen, felsigen Boden stecken. Mit Allrad, Untersetzung sowie Einsatz der Bodenplatte, schafft es Daniel, uns wieder auf den richtigen Weg zu manövrieren.
Im Dunkeln erreichen wir das Surf Camp, essen noch einen Happen und verbringen eine ruhige Nacht. Nur ein paar Hunde balgen am Pier und die Wellen rauschen….
Am nächsten Morgen sehen wir, wo wir gelandet sind. Das Surf Camp ist in einem kolonialen Gebäude errichtet und ziemlich marode, oder “rustic” – wie es in unserer iOverlander App beschrieben war 😉
Vor Ort sind aktuell drei Volontäre, die nach dem Rechten sehen. Das heißt, Gäste willkommen heißen (wir sind die einzigen), etwas putzen / fegen und Wasser vom Meer für die Toilette holen (die mit einem Eimer gespült werden). Dafür dürfen sie kostenlos dort in Zelten wohnen, die auf dem riesigen Balkon im Obergeschoss aufgestellt sind. Dort stehen auch ein paar Sofas und Hängematten laden zum Nickerchen ein. Die Drei kommen aus den USA, den Niederlanden und später kommt noch ein Deutscher hinzu. Sie reisen und arbeiten schon länger als Volontäre in Südamerika. Über die Online Plattform Workaway finden sie vor Ort immer wieder neue Jobs über die sie sich finanzieren. Spannend 🙂
Unten im Haus wohnt Johnny, der Besitzer des Camps, der aber die meiste Zeit in seiner Surfschule oder selbst beim Surfen verbringt. Drei Hunde und eine paar Katzen leben ebenfalls hier… wie oft in Südamerika: halb wild, aber freundlich.
Das Surf Camp ist eine sehr minimalistische Bleibe, aber entspannt und ausreichend für ein, zwei Tage… denken wir. Aber wir werden Lobitos erst nach einer Woche verlassen. Eine Woche, die uns wohl als ganz spezielles Highlight unserer Reise in Erinnerung bleiben wird.
Der Ort Lobitos ist nicht wirklich schön, aber hat eine spannende Geschichte und vor allem gibt es perfekte Bedingungen zum Surfen 🙂
Ende des 18. Jahrhunderts wird in dem kleinen Fischerdorf Öl gefunden. Ein britischer Konzern investiert in den Ort, errichtet Infrastruktur und Gebäude (inkl. des ersten Kinos in Südamerika) und etabliert bald eine geschlossene britische Kolonie. 1968 wird das Land von der peruanischen Regierung eingenommen und in eine militärische Anlage umfunktioniert. Nur wenige Jahre später, nach dem Friedensvertrag mit Ecuador, zog das Militär wieder ab und hinterließ seinen Fußabdruck im kleinen Fischerort.
Als wir das gelernt hatten, machte der erste, eher irritierende Eindruck von Lobitos plötzlich Sinn. Die verfallenen kolonialen Gebäude, die alten Ölpumpen (die zum Teil noch in Betrieb sind), die über 20 Ölplattformen vor der Küste, die Ruinen der Militäranlagen und mitten drin ein Recht moderner Pier mit vielen bunten Fischerbooten. Und zwischendrin eine Hand voll Hostels und Restaurants – offensichtlich für Touristen.
Touristen wie wir, die hier ausschließlich herkommen, um surfen zu gehen. Es gibt drei “Spots” an den schönen Stränden von Lobitos, die das ganze Jahr über gute Bedingungen für alle Level bieten, vom Anfänger bis zum Profi.
Wir, die seit Jahren in der Fortgeschrittenen Anfänger Liga unterwegs sind, ein Paradies… In “La Punta” erwischen auch wir jeden Tag ein paar tolle Wellen. Und Daniel ist hier wohl in die Intermediate Surfer Liga aufgestiegen 😎
Abends chillen wir mit den Volunteers auf dem großen Balkon und springen auch ein paar mal zum Sonnenuntergang gemeinsam vom Pier 🙂
Da wir nur ein, zwei Tage bleiben wollten haben wir allerdings bald kaum noch frische Lebensmittel und auch kein Bargeld mehr. Wir können zum Glück ein paar Euros mit einem der Volontäre tauschen – er reist bald zurück in die Niederlande. So haben wir nun umgerechnet 100 EUR zur Verfügung – die reichen vollkommen aus für Unterkunft, Essen und ein paar Bier.
In einem der winzigen Supermärkte bekomme ich alles notwendige an Lebensmitteln und zu meiner großen Überraschung, ein Stück des wohl besten Karotten-Kuchens, den ich jemals gegessen habe. Es war so schnell aufgegessen, dass es kein Foto davon gibt 🙂 Brot backen wir selbst mit dem Omnia-Backofen, den wir nun endlich zu schätzen wissen!
Zwischen dem 29. und 30. Juni sind, wie in ganz Peru, auch in Lobitos Feiertage zu Ehren von San Pedro und San Pablo (den Aposteln Peter und Paul). Der Pier und die Fischerboote werden mit bunten Fähnchen geschmückt, Bootsrundfahrten werden angeboten und natürlich gibt es etwas zum Essen und zu Trinken. Am Abend wird im Dorf im “Stadion” weitergefeiert. Als wir dort am letzten Abend der Feiertage vorbei schauen werden wir, zum zweiten mal in Peru, mit einer Schale warmen Essen willkommen geheißen. Die Menschen hier haben nicht viel, aber sie können feiern 🙂
So verbringen wir eine wunderbare “simple” Zeit in Lobitos, mit netten Menschen, einer hand-voll verrückter Hunde und Katzen, tollen Wellen und einmaligen Sonnenuntergängen.