Nach unserem kurzen Ausflug in die Tatacoa Wüste verbringen wir noch eine Nacht im heißen Tiefland, in der ich weitere Stiche der winzigen Mücken kassiere. Wir fliehen also wieder hinauf in die Berge – genauer gesagt wollen wir zum Vulkan Machín und dann über eine Off-road Strecke weiter bis nach Salento. Ein Highlight dieser Route, neben dem Vulkan, ist die Aussicht auf tausende von Wachspalmen auf dem Weg nach Salento. Diese Palmen können bis zu 70 Meter hoch werden und sind typisch für die Region. Die recht abgeschiedene Route ist somit für uns eine tolle Alternative zum “Standard-Besuch” im Valle de Cocora, zu dem jeden Tag hunderte Touristen von Salento aus strömen.
Im kleinen Ort El Espinal stocken wir zunächst noch unsere Wasservorräte auf und ab Ibagué verlassen wir die gut ausgebaute Ruta 40. Weiter geht es nun auf einspuriger Piste durch alte Eisenbahntunnel und vorbei an kleinen Orten. Es gibt kaum Verkehr hier und wenn doch mal ein Moped oder Auto passieren will, manövriert man an breiteren Stellen aneinander vorbei. Nur die Begegnung mit dem Bus kann dann schonmal spannender werden, denn der fährt hier ohne Rücksicht auf Verluste …
Wir kennen das inzwischen von anderen Straßen in Kolumbien. Sobald man den Asphalt verlässt befindet man sich auf (aus Deutscher Sicht) holprigen Feldwegen. Dieser hier ist an vielen Stellen von Wasserläufen bzw. Wasserfällen durchsetzt. Zum Glück herrscht in dieser Gegend Kolumbiens gerade eine kurze Trockenzeit. Das heißt es regnet weniger und es scheint mehr die Sonne – theoretisch 😉 Auf jeden Fall fließt hier gerade relativ wenig Wasser über die Straße und es gibt kaum matschige Passagen. Der Fox kämpft sich langsam aber wie immer sehr zuverlässig durch jedes Terrain. Die Landschaft um uns herum ist wunderschön, besonders im Abendlicht.
Wir wollten eigentlich im sehr grünen Krater des Matchín Vulkans campen, aber an diesem Tag schaffen wir es nicht mehr bis dorthin. Mit der Dämmerung parken wir vor einem Hostal entlang der Straße. Wir fragen, ob wir auf deren Parkplatz übernachten dürfen. Etwas erstaunt blicken die Damen auf den Fox und dann wieder auf uns und nicken dann eifrig. “Si, claro, no problema”. Ich frage ob es in ihrem kleinen Lokal noch etwas zum Essen gibt. “Was wir den essen wollen” fragt die Chefin uns, ein “nein” ist anscheinend keine denkbare Antwort auf diese Frage. Wir bestellen also das was es eben gibt, Reis mit Huhn, bzw Reis mit Rührei und dazu gibt es einen Saft. Kurz darauf hören, wir dass in der Küche gebrutzelt wird und wir genießen den Ausblick aus den weit geöffneten Fensterläden.
Während wir das wirklich leckere Essen verspeisen, kommen immer wieder Menschen aus dem kleinen Ort vorbei und kaufen im Laden ein paar Kleinigkeiten. Inzwischen weiß jeder, dass hier zwei Deutsche mit einem Campervan Rast machen. Ein Nachbar fragt uns, wo wir hinwollen und als wir ihm sagen, dass wir zum Machín Vulkan und danach bis nach Salento fahren wollen, schüttelt er zweifelnd den Kopf. Zum Vulkan sollen wir lieber zu Fuß gehen, der Weg sei nicht lang aber sehr schlecht, und die Straße nach Salento sei “feo” (=hässlich). Er rät uns, im nächsten Ort lieber wieder zurück auf die Ruta 40 abzubiegen. Eine Enttäuschung für uns, denn wir nehmen die Warnung ernst. Die Straßen hier oben, können über Nacht von einem Erdrutsch verschüttet oder schwer passierbar werden.
Nach dem Essen geben wir noch eine kleine Führung durch den Fox. Der Sohn des Nachbarn hat noch nie ein Wohnmobil von innen gesehen und kann es kaum fassen, dass wir eine Dusche und eine Toilette an Bord haben. Wir posieren für ein Foto, Sohn und ich vor der offenen Tür zu unserem winzigen Bad – ein Bild auf dem wir beide aus ganzem Herzen Lächeln — da es auf dem Handy der Mutter ist, kann ich es aber nur in meinem Kopf und nicht in diesem Blog verewigen.
Zur Schule laufen die Kinder hier meist entlang der schmalen Straße zu Fuß. Ein uralter bunter Bus fährt ebenfalls auf dieser Route, wir begegnen ihm mehrfach und hören ihn am nächsten Morgen an uns vorbei-schnaufen. Er weckt mich pünktlich zum Sonnenaufgang. Ein schöner Anblick, da der Vollmond noch über den grünen Hügeln schwebt.
Nach einem schnellen Frühstück rollen wir weiter und versuchen den Vulkan per Fuß zu erklimmen. Der erste Wanderweg, den wir einschlagen, endet allerdings kurz nach einer kleinen Farm im dichten Dschungel. Wir fahren also an ein paar natürlichen heißen Thermen vorbei und laufen dann die Straße hinauf, bzw. das was von der Straße noch übrig ist. An vielen Stellen ist diese stark ausgewaschen und im oberen Bereich balancieren wir an tiefem Matsch vorbei. Wir sind froh, dass wir hier nicht mit dem Fox hochgefahren sind, und genießen den Rundumblick im grün bewachsenen sehr weitläufigen Krater. An den umliegenden Bergen können wir die ersten Wachspalmen sehen, und beschließen auf dem Rückweg zum Fox, dass wir doch ein paar Kilometer auf der Straße nach Salento fahren werden, bis wir die Palmen sehen, und dann wieder Kehrt machen.
Die Abzweigung nach Salento befindet sich in Toche, einer kleinen Ansammlung von Häusern in idyllischer Lage am Rio Coello. Direkt an der Kreuzung ist das Restaurant El Mirador. Es sieht sehr einladend aus und wir machen Halt für ein frühes Mittagessen. Was für ein Ort! Ein Laden, eine Bar, ein Restaurant und wahrscheinlich spielt sich in diesen vier Wänden noch einiges mehr ab im Alltag des winzigen Dorfes. Auch hier ist die Antwort, ob es schon etwas zum Essen gibt ein leicht verwundertes: “Si, claro, que quieren.” Wir bekommen ein für diese Region Kolumbiens sehr typisches Gericht serviert: Bohnen, Reis und gebratene Kochbanane (Platano) – dazu bestellen wir anstelle von Fleisch mal wieder Rührei. Eine wunderbare vegetarische Alternative 🙂 Dazu wird eiskalter selbstgemachter Eistee serviert und ein zuckersüßer Kaffee rundet das Festmahl ab. Wir genießen es mit einem tollen Blick auf die Berge und Palmen. Umgerechnet 3 Euro pro Person verlangt die Wirtin, als wir wie üblich an der Theke zahlen. Wir erkundigen uns auch bei ihr noch einmal nach dem Zustand der Straße nach Salento. Die Wirtin bezeichnet diesen mit “regular” (normal), was uns auch nicht wirklich ermutigt, denn gut war diese Straße nie 🙂
Gut gestärkt fahren wir dennoch ein Stück hinauf in Richtung der Palmen. Der Weg ist weiterhin holprig, Wasser fließt über die Straße und es gibt einige schlammige Passagen, aber was wirklich “weh-tut” sind die tief hängenden Äste, die lautstark an den Seiten und über die Solar-Panels bzw. unsere Surfboards entlang schleifen.
Die Aussicht wird allerdings tatsächlich mit jedem Kilometer besser. Bald sehen wir hunderte von Wachspalmen an den Hügeln vor, neben, über und unter uns. Selbst bei etwas bedecktem Himmel ist es ein einzigartiger Anblick. Wir parken den Fox einer etwas breiteren Stelle entlang der Straße, kochen noch einen Kaffee (ohne Zucker) und genießen die Aussicht.
Dann drehen wir um, wir wollen in in den letzten Wochen unserer Reise keine Panne mehr riskieren. Ich fahre uns zurück nach Toche, wo wir hoffen, einen Platz für die Nacht zu finden. Leider ist die Zufahrt zu einem schönen Stellplatz am Rande des Ortes so schlammig, dass wir nicht durchkommen. Wir wollen gar nicht wissen, wie das hier zur Regenzeit aussieht…
Im Ort kaufen wir noch schnell ein paar gefüllte Arepas (Maisfladen) vom Straßen-Grill und machen uns auf den Weg hinunter zur Ruta 40. Das Abendlicht auf den wunderschönen Bergen entlang der (in der Tat) besseren Straße entschädigt uns ein wenig für die abgebrochene Tour nach Salento.
Bis nach Salento kommen wir allerdings auch über die Ruta 40 an diesem Tag nicht mehr. Im Dunkeln machen wir Halt an einer Mautstation. Hier gibt es einen großen Parkplatz auf dem auch LKW Fahrer über Nacht Pause machen sowie ein kleines Kiosk, der uns noch ein Bier verkauft. Der Besitzer des Ladens berichtet uns von einigen schaurigen Unfällen, die sich entlang der Straße zugetragen haben. Zu schnell gefahren, zu schwer beladen oder eingeschlafen und dann gab es wieder viele Tote…. Wir sind froh, dass wir an diesem Tag keinen Meter mehr fahren müssen und fallen trotz des Lärms der LKWs bald in einen tiefen Schlaf, lediglich unterbrochen von ein paar Juck-Attacken meiner Mückensticke der vorangegangenen Tage… .
Auch wenn wir nicht ans gewünschte Ziel gekommen sind, haben wir einiges erlebt und es waren zwei super schöne Tage 🙂 Nochmal 1.000 Dank @Felipe auch für diesen Tip!!!